Final Countdown

ROMA
Großes Kino nicht für kleine Smartphones: „Roma“ von Alfonso Cuarón. (Foto Carlos Somonte; Copyright Netflix)

Heute beginnt der Verkauf von Feuerwerkskörpern. Die Deutschen lassen es bekanntlich gerne krachen und werden wieder deutlich über 100 Millionen € verballern. Sollen sie doch ihren Spaß haben, könnte man meinen, wenn da nicht der Feinstaub wäre. Davon entsteht in der Silvesternacht so viel wie alle Autos in zwei Monaten ausstoßen. Das indes scheint niemanden zu stören, selbst Die Grünen und Die Deutsche Umwelthilfe nicht. Spaßverderber möchte wohl niemand sein, wo in den Großstädten Dieselfahrverbote kommen sollen. Aber das regt keinen mehr auf, ebensowenig das liebedienerische Verhalten gegenüber der Automobilindustrie. Nichts regt uns mehr auf: nicht der BER, nicht Stuttgart 21, nicht der marode Zustand der Infrastruktur, nicht der Stillstand bei der Digitalisierung. Uns geht’s ja noch gold.

Stehen die deutschen Kinos auch vor dem „Final Countdown“? Als die schwedische Band Europe damit 1986 einen Top-Hit landete, war die Kinowelt jedenfalls noch in Ordnung. Heuer rechnen die Betreiber mit einem Umsatzrückgang von 15% – leider war kein „Fuck ju Göthe“ am Start, leider war der Sommer lang und auch noch WM. Aber die Digitalisierung bringt noch ernsthaftere Konkurrenten hervor. Amazon und Netflix produzieren nicht bloß spannende Serien, sie können auch großes Kino, das noch (!) in den Filmpalästen gezeigt wird. „Roma“ von Alfonso Cuarón Orozco wurde eine Woche vor dem Start bei Netflix erst in ein paar  Kinos gezeigt – ein genialer Marketing-Coup. Die „Astor Lounge“ am Ku’damm war jedenfalls bestens besetzt, und dort hat man anscheinend den Königsweg gefunden, um den digitalen Giganten Paroli zu bieten: Erlebnis & Service. Schlappe 17 € kostet ein Ticket, und für Getränke & Snacks geht mindestens noch einmal das gleiche drauf.

Europe und „Final Countdown“ – angesichts des drohenden Brexit bekommt diese Kombination eine ganz neue Konnotation. Irgendwann wird uns Theresa May erzählen, warum sie von einer überzeugten Remainerin zur Vollstreckerin des Brexit geworden ist, der nun ein ganz harter zu werden droht. Beinahe verzweifelt erinnert ihr Landsmann Timothy Garden Ash in einem Interview an eine englische Lebensweisheit: „Wenn du nicht mit am Tisch sitzt, stehst Du auf der Speisekarte.“ Im Januar schon gibt es auf der Insel keinen Platz mehr in Kühlhäusern. Guten Rutsch in eine höchst ungewisse Zukunft!

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