
Die Deutsche Bahn ist immer für Überraschungen gut. Da die Züge nach Weihnachten sehr stark gebucht waren, wollte ich mir auf meine Jahreskarte ein Upgrade in die 1. Klasse besorgen. Das Ticket gibt es aber (noch) nicht digital, sondern kommt per Post, also frühestens im Neuen Jahr. Wir rufen die Hotline an. Ein freundlicher Berater kann helfen und schickt mir eine Mail. Im Anhang ist mitnichten das Ticket, sondern ein Code, mit dem ich das Upgrade an einem Fahrkarten-Automaten drucken lassen kann; dazu gibt es noch eine Gebrauchsanleitung. Der DB-Mann wusste sogar, wie man auf der App eine Sitzplatzreservierung (ohne Fahrkarte) bekommt, gab aber unumwunden zu, dass keiner aus seiner Verwandtschaft das geschafft habe. Für eine tadellos funktionierende App hätten die Vorstände des Konzerns Boni verdient, nicht aber für die lächerlich geringe Anhebung der Frauenquote. Immerhin kann man seine Entschädigungen inzwischen digital beantragen. In weniger als 24 Stunden war mein Fall erledigt.
Auf meiner letzten Fahrt über Erfurt/Halle saust der ICE in der Nähe von Coswig über die Elbe, die weite Teile der Auen überspült hat. Die Lage in Dresden ist zum Glück längst nicht so gefährlich wie 2002. In Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bleibt die Situation indes sehr kritisch, zumal über den Jahreswechsel neue, ergiebige Niederschläge erwartet werden. In Zeiten des Klimawandels müssen wir uns auf extreme Wetterlagen einstellen und unser Verhalten anpassen. Dass Schaulustige mit ihrer Handy-Kamera die Arbeit der Feuerwehr behindern, Privatdrohnen über den Überschwemmungsgebieten fliegen, von den aufgeweichten Deichen Sandsäcke geklaut und Helfer:innen sogar angegriffen werden, ist vollkommen unverständlich. Nicht bloß bei Naturkatastrophen erodiert der Zusammenhalt der Gesellschaft.
Die nächste Nagelprobe steht zum Jahreswechsel an, für den die Rettungskräfte in Berlin besser gewappnet sein wollen, um Ausschreitungen und Krawalle wie vor Jahresfrist zu verhindern. Warum sich die Politik nur auf begrenzte Böllerverbote verständigen konnte, verdankt sich populistischen Motiven – man wolle doch niemand den Spaß verderben. Ein Böllerverbot wäre eine klare Ansage gewesen; zudem hätte man 1% der jährlichen Feinstaub-Belastung eingespart und die Straßenreinigung entlastet. Die Frankfurter Neue Presse spricht sich mit guten Gründen für ein generelles Verbot von Privat-Feuerwerk aus: “Dass Raketen in falschen Händen schnell zu Waffen werden und gefährliches Macho-Verhalten verstärken können, weiß jeder, der in Großstädten schon an beliebten öffentlichen Orten Silvester gefeiert hat. (…) Aber selbst dort, wo friedlich geböllert wird, verletzen sich Menschen und belasten Kliniken, die durch fehlendes Personal und Krankheitswellen bereits am Limit sind. Genauso wie die Polizei, die in den vergangenen Krisenjahren Angriffe von vielen Seiten ertragen musste und in der Silvesternacht jetzt wieder zu erwarten hat.” (29.12.2023) Land unter, wohin man schaut. Und trotzdem die Hoffnung nicht verlieren. Dieser Optimismus wird 2024 mehr denn je gebraucht!
