
Abfahrt zu einer Überraschungstour der ganz besonderen Art. Wir gehen an der Schlossbrücke Charlottenburg an Bord und fahren mit dem voll besetzten Ausflugsdampfer auf der Spree durch das alte und neue Berlin, sehen großartige Gründerzeitgebäude, die monotone Schießscharten-Architektur am Hauptbahnhof, das spektakuläre Kanzleramt, die Museumsinsel, das Humboldt-Forum aus Beton mit der angepappten Fassade und die einfallslosen Funktionsbauten am sog. Mercedes-Benz-Platz. Alles so schön clean hier, wa! 30 km lang ist unsere Reise, wir passieren 70 Brücken und zwei Schleusen und werden mit jovialen Hinweisen & Sprüchen unterhalten. Mehrmals werden die Gäste aufgefordert, unbedingt sitzen zu bleiben – so knapp geht’s unter den Brücken hindurch. Am Ende unserer Passage muss noch einmal die Kapitänskabine abgesenkt werden, sonst wären wir an einer Brücke hängengeblieben.
Weil unser Pott auf dem engen Neuköllner Schifffahrtskanal nicht drehen kann, erreichen wir die Endstation im Rückwärtsgang: das Hotel Estrel. Wow, da wollte ich schon immer mal hin! Mit 1.125 Zimmern Deutschlands größtes Haus, eine riesige Anlage mit einem Veranstaltungsraum für über 5.000 Besucher und einem eigenen Show-Programm. Gnocchis & Bier zur Stärkung und schon sitzen wir in der berühmten Doppelgänger-Show mit den angeblich besten Doubles der Welt. Rod Stewart 2.0 macht seine Sache ordentlich, Madonna taugt besser zur Kirmes, aber die Blues Brothers sind wirklich spitze; das Publikum bekommt die Hits und klatscht zufrieden.

Normalerweise sind die Ansagen der Show in die professionelle Video-Collage integriert; die Band und die Gogo-Girls sind natürlich echt wie die Doubles. Einmal hat dort der Magier Harry Keaton moderiert, der kürzlich in Las Vegas für einen spektakulären Trick ausgezeichnet wurde, den die Hohepriester der Zauberei Penn & Teller in ihrer TV-Show „Fool Us“ vergeben – bitte unbedingt anschauen! Ich treffe ihn in seiner magischen Halle in einem Offenbacher Hinterhof. Der Bursche hat’s einfach drauf und verblüfft mich ein ums andere Mal, obwohl ich doch unmittelbar neben ihm sitze. Harry zeigt mir das Buch „Pi to 100.000 Decimal Places“ Ich solle ihm ein besonderes Datum nennen. Kein Problem: 26.11.. Der Magier scheint die Ziffernfolge zu speichern, bittet mich, die Seite 185 aufzuschlagen, und weist mich auf die zweite Zahl in der sechsten Zeile hin: eine 2. Es folgen 6 und 11. Harry kann mir sämtliche Zahlen bis ans Ende der Seite richtig nennen. Ich falle vom Stuhl vor Verblüffung und werde mir unbedingt seine Show „The Brain“ anschauen, mit der er im nächsten Jahr auf Tour gehen will. Wie geht dem bloß, Brain-Main?