
Der letzte Sommertag in diesem Jahr, meteorologisch gesehen. Und los geht’s zum Schlachtensee: Abschwimmen 2019. Das Wasser ist herrlich, wenig Boote unterwegs – wie schade, dass diese Saison schon wieder zu Ende geht. Wir sehen keinen Frosch und auch der sagenumwobene Wels lässt sich natürlich wieder nicht blicken. Nun beginnt der Herbst mit den Saisonstarts der Bühnen und den vielen Festivals. Den Auftakt macht immer das Musikfest Berlin, das heuer den französischen Komponisten Hector Berlioz feiert. Vom Orchestre Révolutionnaire et Romantique unter Leitung von Sir John Eliot Gardiner erleben wir ein fabelhaftes Konzert: die halbszenisch dargebotene Oper „Benvenuto Cellini“. Das Publikum in der Philharmonie ist begeistert.
Am Tag davor haben wir den Sommer gewissermaßen schon einmal beschlossen: wir sehen den großartigen Film „Once Upon a Time… in Hollywood“ von Quentin Tarantino in der Astor Lounge, einem unserer Lieblingskinos. In 162 Minuten, die nicht eine Sekunde zu lang sind, verwebt der Regisseur meisterhaft unterschiedliche Erzählstränge und Geschichten. Es geht um das Ende des good old Hollywood, paradigmatisch gezeigt am Schicksal eines abgehalfterten Westernhelden (grandios: Leonardo DiCaprio), der in lausigen Streifen und billigen Italo-Western herunterkommt. Die Zeit dieser Helden und die Illusion Love, Peace & Happiness sind im Sommer 1969 vorbei. Kurz vor dem Woodstock-Festival wurde die hochschwangere Sharon Tate in ihrem Haus von den Hippies der Manson Family bestialisch ermordet. Mit seiner Lust an kontrafaktischen Verschiebungen verschafft Tarantino jedenfalls dem Faktotum (Brad Pitt als tough guy) seines Helden noch einen starken Abgang.
In den üppigen Villen der Hollywoodstars tummeln sich bestimmt auch Frösche, und so fällt der Übergang zu Richard Strauss‘ monumentaler Oper „Die Frau ohne Schatten“ nicht schwer, die Fans gerne Frosch nennen. Gut zweihundertfünfzig Musiker*innen wirken bestimmt mit – vom Kinderchor bis zur Glasharfe ist alles dabei, was man sich irgend vorstellen kann. Strauss schafft es meisterhaft, diese Klangkörper raffiniert zu führen und einzusetzen. Was Wunder, dass es am Ende standing ovations für diesen konzertanten Frosch gab, allen voran für den Dirigenten des RSB Vladimir Jurowski und die famosen Solisten. Das ganz große Theater findet heuer aber nicht auf den Bühnen statt, die die Welt bedeuten, sondern in der Welt selber. Boris, mir graut’s vor Dir! Aus diesem Frosch wird kein schöner Königssohn.
Ein Kommentar zu „Frosch im Herbst“