
Mehr geht nicht! Nach einem endlos langen Flug – am Ende schaute ich nur noch ein Lande-Video nach dem anderen – holt uns der Cousin zum Glück am Flughafen ab. Er wohnt mit seiner Partnerin in Castro, dem schönsten Viertel in San Francisco. Wir beziehen unser Zimmer, abends noch ein Imbiss; dann wirkt der Jetlag. Schon am nächsten Morgen sitze ich in der Herrgottsfrühe am Rechner. Später besuchen wir die Tante und in ihren Mann in Orinda, das 17 Meilen von San Francisco entfernt liegt. Wir hatten ihr bei einem Familientreffen vor einem Jahr versprochen zu kommen. Nach der Rückkehr in die Stadt entscheiden wir uns ohne Zögern für die “Foxy Lady”. Die Party zum 60. Geburtstag einer Freundin findet in einem ehemaligen Kino statt – Sixties ist das Motto. Unsere Mädels sehen klasse aus, und auch wir machen mit Pilzkopf-Perücken keine schlechte Figur auf dem Dancefloor. Die Fahrt zur “Foxy Lady” war für die Germans übrigens eine Premiere: wir fuhren mit einer fahrerlosen Waymo-Limousine. Ich saß staunend auf dem Beifahrersitz: Angst hatte ich nicht einen Moment.
Gleich am nächsten Tag heißt es Bike Now! Wir machen eine Radtour zum Golden Gate Park. Noch nie bin ich in Amerika Fahrrad gefahren, niemals saß ich auf einem Rennrad. Dreimal stellt der Cousin für mich den Sattel niedriger, obwohl wir nahezu gleich groß sind. Die Haltung, die Schaltung, die Bremsen – alles ungewohnt für einen normalen Radfahrer wie mich. Ein unvergessliches Erlebnis. Als wir nach 16 km auf den Straßen & Wegen von San Francisco wieder heil in Castro ankommen, bin ich sehr erleichtert. Nach einer kurzen Pause ziehen wir schon wieder los. Mit dem Cable Car fährt die WG auf Zeit ins SF Jazz Center – die fabelhafte Sängerin Dee Dee Bridgewater gastiert mit dem fabelhaften Trompeter Nicholas Payton und dem Bill Charlap Trio. Ein tolles Konzert, alle sind begeistert; leider war ich während einiger Passagen nur physisch präsent – Jetlag. Würde ich in San Francisco leben, wäre ich mindestens einmal im Monat im SF Jazz Center!
Noch einmal Orinda und dann starten wir am nächsten Tag zu einer kleinen Tour durch Kalifornien. Die erste Etappe führt uns in die Hauptstadt Sacramento, von der wir fast nichts sehen. Unser Hotel liegt unweit des achtspurigen Freeways, den man Tag und Nacht hört. Wie das ganze Viertel hat auch unser Haus bessere Zeiten erlebt. Weiter am nächsten Tag zum 497 km² großen Lake Tahoe – auf ein kurzes Bad im höchsten See der Vereinigten Staaten waren wir leider nicht vorbereitet! Unsere nächste Etappe ist mit über 300 km die längste und eine echte Herausforderung. Das Navi im brandneuen Genesis kennt El Portal nicht, der Akku des geborgten US-Handys ist irgendwann leer; schließlich cruisen wir ohne echte Orientierung durch Yosemite. Wir zeigen einem Ranger unsere Reiseunterlagen – das Ziel ist nah. Nach dem Start fliegen die Dokumente von der Motorhaube auf die Straße. Ich bremse und schalte die Warnblinkanlage ein. Ein Camper hinter uns sichert geistesgegenwärtig die Lage, meine Lektorin sprintet los und holt alle Blätter von der Fahrbahn. Die Nerven liegen blank! Nach der Aufregung erreichen wir unser Ziel entspannt. Beim Checken der News lese ich voller Freude, dass Melania Trump sich in einem Video für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen ausgesprochen hat. Was für ein Tag!
