
Das Interesse ist groß, die Premiere im Berliner Delphi-Palast restlos ausverkauft. Bereits bei der Berlinale hatte “Mit der Faust in die Welt schlagen” (Kinostart (03.04.25), das Spielfilmdebüt der Regisseurin Constanze Klaue, beachtlichen Zuspruch. Frei nach dem erfolgreichen Roman von Lukas Rietzschel wird die Geschichte zweier Brüder erzählt, die in der Nachwendezeit in einem Dorf in der Oberlausitz aufwachsen. Die Zeiten sind schwierig, die Eltern überfordert, die Lage im neuen Haus ist oft eng und bedrückend. Philipp und Tobias erleben den Niedergang ihrer Familie und suchen Halt in einer lokalen Neonazigang. Nur einer von ihnen schafft schließlich den Absprung aus diesem sozialen Umfeld und geht in die Stadt. Der filmischen Adaption fehlen Rhythmus und Timing. Anfangs erlebt man einen biederen Fernsehfilm, viele Figuren, ihre Handlungen und Motive bleiben unscharf.
Im spannenden Panel nach dem Film erzählt die Regisseurin, dass sie in dem Roman ihre eigene Geschichte entdeckte; sie hat sie gewissermaßen miterzählt. Vielleicht wollte sie zu viel und erreichte deshalb zu wenig. Der Autor Lukas Rietzschel hat mit ihrer Version keine Schwierigkeiten und sieht wie die anderen Gesprächsteilnehmer:innen, dass die deutsche Einheit noch immer nicht vollendet ist. Während Westdeutsche – darauf wies der Soziologe Steffen Mau hin – keine Unterschiede mehr zu Ostdeutschen ausmachen, werden die Differenzen dort nach wie vor empfunden, gerade von jungen Leuten. Die gleichen öden Einfamilienhaus-Siedlungen mit Carport vor der Tür hier wie dort können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die traumatischen Erfahrungen nach der deutschen Einheit (Ende vieler Erwerbsbiographien, Abwicklung vieler Unternehmen durch die Treuhand, Besetzung der Führungspositionen durch westdeutsche Eliten) weiter nachwirken. Geld heilt nicht alle Wunden.
Lilly Blaudszun bestätigt, dass für junge Menschen in Ostdeutschland ihre Herkunft von großer Bedeutung ist. In ihrem Podcast OKF – Ortskontrollfahrt beschäftigt sie sich gemeinsam mit Jakob Springfeld mit der Frage: “Wie ist es wirklich, heute im Osten aufzuwachsen”. Angesichts der beschlossenen Änderungen bei der Schuldenbremse, dürfte sich das immer wieder aufgeworfene Problem nach der Generationengerechtigkeit indes im ganzen Land stellen. Dass es keine Alternative dazu gibt, verdeutlicht die akut notwendige Sperrung der stark befahrenen Ringbahnbrücke der A 100 in Berlin, über die der Verkehr nach Norden fließt. In den 60er Jahren erbaut und für deutlich weniger PKW und kleinere LKW geplant, zeigt diese Schließung exemplarisch, was die jahrelange Verschleppung von Investitionen in die Infrastruktur konkret bedeutet. Allein in der Hauptstadt müssen 50 der insgesamt 2.000 Brücken schnellstens saniert werden; bundesweit sind es – je nach Quelle – bis zu 11.000. Beste Zeiten für Bauingenieure. Fachkräfte sind derzeit (noch) sehr gefragt.
