
Wollte man die Lage mit einem Wort beschreiben, dann fasst es die Headline dieses Beitrags sehr gut. Unter woxikon.de werden als Synonyme sprunghaft, opportunistisch, wankelmütig, widersprüchlich und instabil aufgezählt. Das trifft es sehr gut im Allgemeinen wie im Besonderen. Nicht nur das Wetter ist in diesem Sommer bis jetzt noch wendisch (dem aktuellen Klimabericht des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus zufolge war der Juni der wärmste in Westeuropa seit Beginn der Aufzeichnungen!), der amerikanische Präsident Donald Trump hält die Welt mit immer neuen Volten in Atem. Damit schafft er mehr Probleme, als sie zu lösen. Nun kann die Ukraine wieder auf neue Waffenlieferungen hoffen, um sich gegen die nächtlichen Drohnen- und Raketenangriffe zu verteidigen, die Putin gnadenlos abfeuern lässt. Wenn die Ukraine diesem Terror aus der Luft nicht mehr standhält, werden Millionen Menschen ihre Heimat gen Westen verlassen.
Ist es vor diesem Hintergrund sinnvoll, eine Wiederaufbaukonferenz für das geschundene Land abzuhalten wie jetzt in Rom? Solange es keinen Plan zur Beendigung des Ukrainekriegs gibt, machen solche Zusammenkünfte den zweiten Schritt vor dem ersten. Ohne Gebietsabtretungen wird es kein Ende dieses Konflikts geben, was nichts anderes bedeutet, als den russischen Angriffskrieg im Ergebnis zu akzeptieren. Der neue Status Quo, notierte ich kürzlich, muss dann aber von den USA, China, Indien, der EU und der NATO garantiert werden. Diese Allianz hätte alle Möglichkeiten, genug Druck auf den russischen Zaren Putin auszuüben. Diese Aussicht mag bedrückend erscheinen, aber ein widerspruchsfreies Leben ist nicht zu haben. Wenn wir ins Ballett gehen oder eine Ausstellung besuchen, geht mir immer wieder durch den Kopf: Wir leben unser normales Leben, und die Menschen im Sudan, in der Ukraine und im Gazastreifen fürchten täglich ums Überleben. Wer sich die ganzen Krisen dauernd vor Augen hält, bringt sich um den Verstand.

Das wollen wir nicht und sind vom Gastspiel “Figures in Extinction” des Nederlands Dans Theater in der Deutschen Oper beeindruckt, zumindest tänzerisch. In immer neuen Bildern erinnert die international besetzte Company an ausgestorbene Arten – die Liste ist erschreckend lang und wird täglich länger. Findet die Extinction Rebellion jetzt nur noch ästhetisch statt? Von Protesten gegen die Klimapolitik ist derzeit kaum noch etwas zu hören. Die neue Bundesregierung und die EU haben das brennende Thema in die Zukunft geschoben – das wird uns noch teuer zu stehen kommen. Damit beschäftigt sich der Künstler Wilfried Schwerin von Krosigk (noch) nicht. In der Ausstellung “New York – Berlin” in der Galerie Z22 sind Arbeiten von ihm aus den 1980er Jahren und neue Werke zu sehen. Ihn interessieren “Suchbewegungen, deren Sinn sich im Ungewollten enthüllt – dort, wo sich das Überraschende und Rätselhafte entfalten kann.” Das ist nicht weniger bedroht als die Arten.
