
Eine wolkenlose Nacht in Brandenburg, ideale Bedingungen, um eine totale Mondfinsternis zu beobachten. Es ist stockdunkel am Madlitzer See, als plötzlich der Mond als zarte Sichel aus dem Schatten der Erde tritt. Beeindruckt verfolgen wir dieses Naturschauspiel, das wir indes mit dem iPhone nicht festhalten können. Das Handy zeigt mehr Mond als die Realität; wir stecken es weg. Was ist schon die unendliche Flut von Bildern gegen das echte Erlebnis. Auf meinem Smart-Phone habe ich inzwischen über 12.000 Bilder und Filmchen gespeichert, analog habe ich in meinem Leben vielleicht 100 Fotos gemacht. So dürfte es vielen gehen, die keine Muße haben oder Zeit finden, das ganze Material zu sichten, sich von Fehlschüssen zu verabschieden und den Rest in Alben zu ordnen. Der digitale Speicher wird täglich voller – nicht nur auf meinem Handy – und verbraucht immer mehr Energie. Prognosen gehen davon aus, dass 2030 die KI 3% des weltweiten Energieverbrauchs verschlingt. Ein einzelnes KI-Training (z. B. GPT-3) kann bis zu 5,4 Millionen Liter Wasser benötigen (www.basicthinking.de). Die letzten Informationen habe ich M365 Copilot von Microsoft entnommen; diese KI nutze ich seit einiger Zeit vor allem zur Recherche.
Während wir die totale Mondfinsternis bewundern, wird die Ukraine mit über 800 russischen Drohnen angegriffen, die bis zu 90 kg schwer sein können; Kiew ist nur 1.150 km Luftlinie entfernt. Diesen Wahnsinn kann man nicht immer gewärtigen. Aber er rückt näher, wie der Abschuss von 19 Drohnen über Polen zeigt. Zar Putin möchte mit allen Mitteln die NATO-Ost-Erweiterung revidieren und ein neues großrussisches Reich errichten. Seinen Expansionsgelüsten konnten EU und NATO bislang nicht Einhalt gebieten. Die russische Schattenflotte bringt ungehindert Öl zu den zahlreichen Abnehmern in aller Welt, und die Schiffe zerstören gelegentlich noch Datenkabel, bis jetzt werden nur die Zinsen des russischen Staatsvermögens einbehalten, 18 Sanktionspakete haben Putin weder beeindruckt noch geschadet. Gerade beginnt das Manöver von Russland und Belarus mit dem vielsagenden Namen “Sapad 2025”, also “Westen 2025”.
Vielleicht sollte man Putin und all die anderen Diktatoren und Autokraten einmal auf eine Raumstation schicken. Dieser Gedanke liegt nahe, wenn man den Roman “Umlaufbahnen” von Samantha Harvey liest. Das Buch erhielt 2024 den renommierten Booker Price und schildert das entbehrungsreiche und unerhörte Leben eines Astronautenteams, das die Erde alle 90 Minuten einmal umrundet. “Bald ergreift sie alle ein Verlangen. Das Verlangen, nein, das inbrünstige Bedürfnis, diese riesige und zugleich winzige Erde zu beschützen. Dieses wundersame und auf bizarre Weise hübsche Ding. Das in Ermangelung besserer Alternativen so unverkennbar zu ihrem Zuhause geworden ist. Ein grenzenloser Ort, ein schwebendes Juwel, schockierend hell. Kann die Menschheit nicht in Frieden miteinander leben? Im Einklang mit der Erde? Das ist kein frommer Wunsch, vielmehr eine gereizte Forderung. Können wir nicht aufhören, die eine Sache, von der unser aller Leben abhängt, zu tyrannisieren und zu zerstören, zu plündern und zu vergeuden?” Anscheinend nicht.
