
“Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten, schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr”, sangen die Großeltern einer Freundin gerne bei einem Glas selbst gekeltertem Wein. 1973 regierte in Bonn eine sozialliberale Koalition unter dem Kanzler Willy Brandt. Bei der Bundestagswahl 1972 hatte es folgendes Ergebnis gegeben: SPD 45,3 %, CDU 44,9%, FDP 8,4%, Sonstige 0,9%. Der Club of Rome veröffentlichte im gleichen Jahr die Studie “Die Grenzen des Wachstums”. Das Gymnasium lief nach den demütigenden Jahren in der Mittelstufe lässig, nicht anders meine Führerscheinprüfung im Juni 1973. Unvergessen die Anmeldung bei der Fahrschule Grünewald in Mainz. “Sehtest, polizeiliches Führungszeugnis, schwarzfahren, wiederkommen”, gab uns der Chef mit auf den Weg. Gehört, getan. Ein paar Stunden genügten damals, der Führerschein kostete nicht mehr als 250 DM. Heute schlagen dafür bis zu 4.500 Euro zu Buche. Der Fahrlehrerverband fordert eine kompaktere Ausbildung, Verkehrsminister Patrick Schnieder plant Gespräche mit allen Beteiligten. Dann wird bestimmt eine Kommission eingesetzt, wie das so üblich ist hierzulande.
Wenn’s doch nur die Führerscheinprüfung wäre! Deutschland hat Probleme an allen Ecken und Enden, wie etwa die unsäglichen Querelen um die Wehrpflicht zeigen, die ja nicht abgeschafft, sondern seit 2011 nur ausgesetzt ist. Immer deutlicher werden die Fehler und Versäumnisse der Ära Merkel, die Daniel Friedrich Sturm in wünschenswerter Klarheit in einem Kommentar für den Tagesspiegel auf den Punkt gebracht hat: “Merkel war noch im Amt, als oft der Satz zu hören und zu lesen war, schon bald werde man die Kanzlerin vermissen. Dieses Grundgefühl hat sich nie eingestellt, sondern eher das Gegenteil. Die Mängel von Merkels Politik (sorgloser Handel mit Russland und China, Überdehnung des Sozialstaats, Aussetzung der Wehrpflicht, Atomausstieg, marode Infrastruktur, fehlende Digitalisierung etc.) werden immer augenfälliger.” (08.10.25) Dass der Zustand der viertteuersten Armee der Welt (Kosten 2024 88,5 Milliarden Dollar laut statista) als desolat gilt, hat der Autor nicht einmal erwähnt.
Es hilft jedenfalls nicht weiter, wenn Probleme nicht thematisiert werden. Damit hat Sören Link von der SPD in Duisburg mit 78,57% der Stimmen in der Stichwahl ganz klar gegen seinen Herausforderer von der AfD gewonnen. Wie sich das Sozialsystem in Einzelfällen (aus)nutzen lässt, macht er in einem Interview deutlich: “Was wir nicht brauchen, ist die Zuwanderung in die Sozialsysteme. Ein konkretes Beispiel: Wenn ein Zugewanderter einen Minijob ausübt, reicht ein Einkommen von 150 Euro aus, um Sozialleistungen von 2.000 Euro zu beziehen – und zwar ganz legal. Bei einer sechsköpfigen Familie sind es sogar 2.700 Euro.” (Tagesspiegel, 11./12.10.25) Diese Zuwanderung in die Soziallsysteme stellt die dringend notwendige Einwanderung, ohne die Deutschland seine diversen Probleme nicht wird lösen können, insgesamt unter Generalverdacht. Im letzten Jahr habe ich in einigen Kolumnen eine Agenda Deutschland 2040 angeregt, die inzwischen im Zuge der Forderung einer Generationengerechtigkeit noch dringlicher geworden ist. Nach dem Abitur machte ich übrigens achtzehn Monate Zivildienst im Krankenhaus. Ich möchte diese Zeit nicht missen!
