Blockaden

Mobile Fahrzeugsperren sollen den Weihnachtsmarkt in Bensheim vor Anschlägen schützen. © Rolf Hiller

Wenn ich nach Bensheim fahre, nehme ich mir immer etwas Zeit und laufe vom Bahnhof in die City. Ich schaue, ob sich etwas verändert hat. Das Einkaufszentrum am zentralen Beauner Platz ist seit Jahren geschlossen und macht einen deprimierenden Eindruck. Die Fußgängerzone in der Innenstadt ist am frühen Abend sehr gut besucht; dort findet traditionell der Weihnachtsmarkt statt, heuer geschützt durch mächtige mobile Fahrzeugsperren. Nach dem verheerenden Anschlag in Magdeburg vor einem Jahr ist das wohl die einzige Möglichkeit, überhaupt noch diese beliebten Märkte zu veranstalten. Man wird sich an solche Autosperren gewöhnen, wie wir uns an die hässlichen Betonpoller vor anderen Fußgängerzonen gewöhnt haben. 17 Jahre habe ich in der Kleinstadt an der Bergstraße gelebt, aber es sind doch nur wenige Verbindungen geblieben. Wir waren als Zugezogene immer die “Roigeschneite” (Reingeschneiten) und sind nie “Oigeplackte” (Alteinwohner) geworden, die sich ewig kennen, nicht zuletzt durch Fußball, Feuerwehr und Kirche. 

Ich bin unterwegs zu einer gastronomischen Institution in Bensheim, der beliebten “Hahnmühle” in der Friedhofstraße, und freue mich auf das alljährliche Gänse-Essen dort. Auf meinem Weg denke ich über die Headline dieser Kolumne nach. Blockaden sichern nicht nur Weihnachtsmärkte, sondern bestimmen das politische Geschehen. Nicht mehr die Parteizugehörigkeit prägt das Bewusstsein, das Alter wird immer bestimmender. Der Aufstand der Jungen Generation in der CDU dürfte erst der Anfang des Konflikts zwischen den allmächtigen Boomern und der Generation Z sein. Es geht um die seriös nicht mehr zu finanzierende Rente aus dem Staatshaushalt, die Folgen des Klimawandels, die Zerstörung der Umwelt, die Strukturkrise der Wirtschaft, die marode Bundeswehr, eine zunehmend durch Rechtspopulisten ausgehöhlte EU und eine schlecht aufgestellte NATO. Dafür tragen die Boomer, die sich allzu gerne von der ersten und bisher einzigen Bundeskanzlerin über 16 Jahre haben einlullen lassen, die Verantwortung. 

Es hat nicht den Anschein, als hätte die aktuelle Bundesregierung das Format und die Kraft, die Lage in deutschen Landen schonungslos zu analysieren und eine Agenda 2040 aufzustellen. Außenpolitisch sieht es keinen Deut besser aus. Da lassen sich zwei amerikanische Immobilien-Milliardäre vom russischen Kriegsverbrecher Wladimir Putin am Nasenring durch die Manege ziehen, und die EU darf bei den Verhandlungen über das Ende des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine noch nicht einmal am Katzentisch Platz nehmen. Die politische Kultur wird durch die Despoten dieser Welt in unvorstellbarer Weise zerstört. Gerade hofiert der Premierminister Narendra Modi den russischen Diktator Putin beim Staatsbesuch in Indien. Die Welt ist aus den Fugen. Zum Glück haben wir einen Neil Young, der in seinem Song “Big Crime” (VÖ 04.09.25) Klartext spricht:  Don’t need no fascist rules / Don’t want no fascist schools / Don’t want soldiers walking on our streets / Got big crime in DC at the White House / There’s big crime in DC at the White House. Danke! 

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