Social Studies

Trouvaille in Bad Schmiedeberg © Karl Grünkopf

Wer war das? Beim Spaziergang durch Bad Schmiedeberg fällt mir dieses Schild sofort ins Auge: Buchhandlung ARD. In der Auslage statt Büchern Kinderklamotten. Nun könnte es ein Zufall sein, dass ausgerechnet der erste und der letzte Buchstabe des Namens abgefallen sind. Oder irgendjemand mit Sinn für dadaistischen Humor war da am Werke und hat einen subversiven Kommentar zu den Öffentlich-Rechtlichen abgegeben. Dieser Laden sticht aus der Trübsal der zerplatzten Hoffnungen hervor. Die meisten Geschäfte sind dicht, kaum jemand ist am Sonntagvormittag bei herrlichem Wetter im Städtchen uff’ de Gass’. “Das staatlich anerkannte Moor-, Mineral- und Kneippheilbad Bad Schmiedeberg”, steht bei Wikipedia, “liegt im Naturpark Dübener Heide etwa 30 km südöstlich der Kreisstadt Lutherstadt Wittenberg und etwa 50 km nordöstlich von Leipzig.” Die Lektorin dieser Zeilen ist dort einige Wochen zur Kur, sonst wäre ich wohl kaum in diesen kleinen, netten Ort gekommen, der dem Strukturwandel der Städte (noch) nichts entgegensetzt.

In der Abgeschiedenheit des Kurbetriebes sind die aktuellen Kriege und Konflikte der Welt so weit weg wie auf dem Zauberberg. Ein Klick in die (öffentlich-rechtlichen) Nachrichten und man ist wieder drin in der bedrückenden Situation. Längst ist der Krieg der Israelis gegen die Terrororganisation Hamas in Berlin angekommen. Der immer latent existierende Antisemitismus hat ein bedrohliches Ausmaß angenommen. Die Polizei der Hauptstadt bekommt Unterstützung aus den Bundesländern. Wie beim Angriffskrieg Putins auf die Ukraine ist es wieder an der Zeit, eine radikale Bestandsaufnahme zu machen und sich von lieb gewordenen Illusionen zu verabschieden. Es gibt in der arabischen Community einen massiven Antisemitismus, es gibt in Deutschland Parallelwelten mit archaischen Ideologien, es gibt dort eine bedenkliche Distanz zu unseren Normen & Werten. Das ist die dunkle Seite der Multi-Kulti-Gesellschaft, deren Konsequenzen niemand mehr verleugnen kann.

Niemals würde ich einen Gläubigen, der immer noch zur katholischen Gemeinde gehört, für die Verbrechen dieser Kirche verantwortlich machen, ebenso wenig wie einen Menschen mit persischen Wurzeln für die Verbrechen der Ayatollah. Juden & Jüdinnen hingegen werden mit dem Staat Israel gleichgesetzt, wie der Rabbiner Shlomo Afanasev am Tag nach dem Anschlag auf eine Synagoge feststellt und betont: “Juden in Deutschland und anderen Ländern sind nicht für die Politik der israelischen Regierung verantwortlich oder dafür, ob Israel einen Fehler macht.” (Tagesspiegel, 19.10.23) Am Wochenende soll es in Berlin eine Demonstration für Israel geben. Leider kann ich nicht dabei sein. Mit zwei Freunden fahre ich in den Spreewald. Viele Themen werden uns beschäftigen, auch der Tod von Carla Bley. Am 17. Oktober ist sie im Alter von 87 Jahren gestorben; einer der Freunde schreibt, er habe keine:n Musiker:in so verehrt wie sie. Ich lege ihre Schallplatte “Social Studies” (1981) auf, die ich schon so oft gehört habe. 

2 Kommentare zu „Social Studies

  1. TAZ, 20-10-23, Kommentar von Daniel Bax

    Deutscher Blick auf Israel und Palästina

    Ungeteiltes Mitgefühl

    Ist palästinensisches Leid weniger wert als anderes? Die deutsche Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Pa­lästineser:innen ist beängstigend.

    Mit diesem Kommentar aus der TAZ von heute (vgl. Anlage) möchte ich Deinem einseitigen Blog, der sich nahtlos in alle offiziellen, Israel-unkritischen Stellungnahmen einreiht, etwas Bedenkenswertes entgegensetzen! Palästinenser:innen sind auch Menschen – und keine „menschlichen Tiere“, als die sie ein israelischer Minister bezeichnet hat. Und als die sie seit Jahrzehnten von Israel behandelt werden….

    Gruß Klaus

    Klaus Pilgram Oppenheimer Str. 44 60594 Frankfurt

    069-612491 klaus.pilgram@gmail.com klaus.pilgram@gmail.com

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    1. SgHerr Klaus Pilgram,

      Nur eine Frage unbekannterweise und data venia: ist das wirklich IHRE Meinung ?
      Ein Tip: Lesen Sie Geschichte ab 1949.

      MfG
      Joao Gabriel Fernandes

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