The Castle

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Das unvollendete Schloss des William Randolph Hearst.

Frühstück von der nordkoreanischen Volksküche in einem tristen Raum, dafür ohne Andacht und mit US-TV. Schöner kann ein strahlender Sonntag nicht beginnen. Die Eier sind kalt und steinhart, das Brot ist pappig, der Rest kommt aus Plastik; wir sind still und dankbar über Apfel & Banane. Wir legen „Pet Sounds“ ein, das geniale Album von Brian Wilsons Beach Boys von 1966, und weiter geht’s auf dem Highway 1 Richtung Big Sur. Als wir Monterey verlassen, fliegt ein Vierteldollar  aus dem Autofenster; das hatten wir so versprochen.

Die Straße schlängelt sich malerisch an der Küste entlang, manchmal überholen wir last & lost Cowboys, die sich auf dem Rad durchs Gelände kämpfen. Bei einem Stopp hoch oben an einem Vista Point fliegen uns fast die Autotüren aus der Hand, so peitscht uns der Wind um die Ohren. Unten im Tal ist es lauschiger, im River Inn schaufeln sich gut genährte Menschen gut gefüllte Teller rein, ein Trio spielt Smooth-Jazz, und wir essen am Bach ein Yoghurt within flaxseed.

Von weitem schon sehen wir das Schloss. Hearst Castle ist ein Gesamtkunstwerk der besonderen, der amerikanischen Art. „Build your dream to reality“. Mit dieser Message endet der Jubelfilm über mein viel zu großes Vorbild:  der Medien-Tycoon William Randolph Hearst hat sich mit dem Castle einen Kindertraum realisiert. Einem Klaub-Ritter gleich, kaufte sich Hearst Torbögen, Säulen, ganze Holzdecken, Kirchenbänke, gewaltige Stühle und meterlange Tische zusammen und baute für diese Funde mit der Architektin Julia Morgan sein Traumschloss, dessen aberwitziger Stilmix draußen die Postmoderne antizipiert, während es drinnen den Charme einer Gruft verbreitet. Ein Boy-Scout mit Panama-Hut und Sonnenbrille spricht mindestens achtmal so schnell wie ich, dann und wann verstehen auch wir etwas.

„Das exotische Phantasieschloß zeigt, was geschieht, wenn eine simple Idee mit unbegrenzten Mengen an Zeit, Geld, architektonischem Talent und Enthusiasmus in Angriff genommen wird.“ (Sydney LeBlanc). Immer und immer wieder ließ es Hearst umbauen und erweitern, und seine Nachfahren trafen die weise Entscheidung, die nicht fertigen Flügel nicht vollenden zu lassen. So bleibt Hearst Castle Fragment und beeindruckt uns gerade deshalb so. Locker cruisen wir weiter nach Morro Bay und beschließen den Tag prosaisch mit Huhn und kalifornischem Chardonnay, der die Freunde des deutschen Riesling nie wird begeistern könne. Weinweh?

Ein Kommentar zu „The Castle

  1. Was fuer ein herrlicher blog! Hello aus Frankfurt,wo mich deine ebenso interessanten wie witzigen Berichte vergnueglich durch eine schlaflose jetlag Nacht begleitet haben. Hab vielen Dank dafuer. Looking forward to the next – your blog got me hooked – see you 10/1/18

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