Leipziger Vielerlei

Dark Romance auf der Leipziger Buchmesse. © Rolf Hiller

Mein letzter Besuch bei der Leipziger Buchmesse liegt schon einige Jahre zurück. Als ich damals mit der Straßenbahn zum Messegelände fuhr, wähnte ich mich auf einer Fahrt zu einem skurrilen Maskenball. Viele Fahrgäste steckten in phantasievollen Kostümen und fieberten in bester Laune ihrem Auftritt auf der Messe entgegen. Damals wusste ich nicht, dass parallel zur Buchmesse die Manga-Comic-Con stattfindet, ein grandioser Clash der Kulturen. War’s bloß die erste Faszination damals oder in diesem Jahr wirklich routinierter im schlechten Sinne des Wortes. Die Cosplayer sind zum Glück nicht bloß in ihren Hallen unterwegs; man trifft sie überall auf der Messe, die so einen eigentümlich spielerischen Charakter bekommt. Das ist Leipzig, aber die Probleme dieser Doppelveranstaltung sind nicht zu übersehen. 

Der langjährige Messedirektor Oliver Zille ist zurückgetreten, nun liegt die Verantwortung in den Händen von Astrid Böhmisch, die aus dem Marketing kommt. Die Hallen sind luftiger geworden, es sind deutlich weniger Stände, es gibt viele freie Flächen und erstaunlich viele gastromische Angebote. Wie sollen Verlage, die nur ein paar Bücher im Programm haben und deren Namen nicht einmal Insidern bekannt sind, ihre (viel zu) großen Standflächen bezahlen. Eine Dame des Schweizer Gemeinschaftsstandes berichtet von deutlich höheren Mieten in diesem Jahr und gibt zu bedenken, ob sich dieses Messegeschäft für viele Verlage überhaupt noch lohnt. Auf die Freunde aus der Fantasy-Welt trifft das definitiv nicht zu. Bei “Black Edition. Dein Verlag für Dark Romance” oder LYX stehen die Mädels Schlange; die Bücher verkaufen sich wie geschnitten Brot. Probleme, ihre Romane loszuwerden, kennt die Amazon-Bestseller-Autorin Dagmar Winter (“Die Hüterin der vier Elemente”) ebenfalls nicht; sie empfiehlt die Promotion über BookTok. 

Mit solchen Eindrücken & Erlebnissen im Gepäck geht’s zurück in die Welt der sog. Hochkultur. Mit viel Glück konnten wir noch zwei Tix für ein Gastspiel der hochgelobten Hamlet-Aufführung des Schauspielhauses Bochum in Leipzig ergattern. Vor Jahren gab es Johann Simons Inszenierung mit Sandra Hüller in der Hauptrolle als digitales Angebot – aber was ist ein Stream gegen ein Erlebnis. Der Regisseur reduziert seinen Hamlet auf das Minimum und erzielt ein Maximum an Wirkung. Es gibt kein Bühnenbild (einzige Requisiten eine Lichtkugel und eine Metallwand), keine drastische Action. Die Schauspieler:innen betreten nur dann die Bühne, wenn sie etwas zu sagen haben, und setzen sich dann wieder in den Zuschauerraum. Durch diese Reduzierung werden die einzelnen Auftritte um so nachdrücklicher. Insbesondere Sanda Hüllers Hamlet bannt das Publikum, wenn der Dänenkönig wie aus dem Nichts in den Wahnsinn stürzt. Übrigens wurde schon 1741 diese Rolle in Dublin von einer Frau gespielt, ist im ganz hervorragenden Programmheft zu lesen. Begeisterter Applaus für die Bochumer in Leipzig. 

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