Platz da

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Lee Krasner „besteht auf ihrem Willen“ und geht ihren Weg. Das Bild eines unbekannten Fotografen entstand 1938 in New York.

Wir gehen lieber in die Oper, ins Theater oder ins Kino als ins Museum. Wir haben überhaupt nichts gegen die Kunst, möchten diese aber nicht in Massen genießen. Während man in den neuen Lichtspielhäusern in bequemen Sesseln sitzt und in den Theaterhäusern immer einen (oft unbequemen) Sitzplatz bekommt, wird man/frau durch erfolgreiche Sonder-Ausstellungen geschoben. Führungen, Audio-Guide-Monaden oder Schulklassen lassen mich vor Museen schaudern. In der FAZ (06.01.20) zeigt ein Foto den Massen-Andrang zur hochgelobten Van-Gogh-Ausstellung im Frankfurter Städel. Ohne mich! Aber die Lee Krasner-Retrospektive in der Schirn auf der anderen Seite des Mains darf‘s schon sein. Erstaunlich viele Besucher*innen interessieren sich für diese Künstlerin, die für den abstrakten Expressionismus in Amerika steht und zeitlebens unbequem blieb. „Diese Studentin“, lesen wir in ihrer Akte, „ist stets eine Plage, besteht auf ihrem eigenen Willen anstatt Schulregeln zu befolgen.“

Ohne die Aufhebung der Regel gibt es keine Innovation, und das gilt natürlich auch für den allherrschenden Common Sense auf den Bühnen. Dagegen hat der im Moment sehr erfolgreiche Schriftsteller Thomas Melle („Welt im Rücken“) eine “Ode“ geschrieben. Diese Auftragsarbeit für das Deutsche Theater Berlin setzt die Regisseurin Lilja Rupprecht grell-bunt und sehr plakativ in Szene. Oft bringt der pure Effekt den klugen Text um seine Wirkung, sodass am Ende ein zwiespältiges Fazit bleibt. „Es lebe die Kunst“ ruft der Schauspieler Alexander Khuon; es bleibt zu hoffen, dass dieser Ruf gegen die selbstgefällige & selbstreferentielle Spielerei nicht ungehört verhallt. Nicht zufällig wird Sandra Hüller für ihre Darstellung des Hamlet im Schauspielhaus Bochum (Regie: Johan Simons) im März mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring in Bensheim ausgezeichnet. Brava!!!

Morgen Bochum. Auf nach Bochum also, aber erst sind wir noch mit Frankie verabredet. Im Theater am Potsdamer Platz steht eine Weltpremiere an: „That’s Life. Das Sinatra Musical“. Der schillernde Weltstar wird ratzfatz auf deutsches Musical-Format geschrumpft: holprige Story, aufgesagte Texte, der junge Sinatra singt grottenschlecht, nur ein paar wenige Tanzeinlagen. Der alte Sinatra (Tom Ward) kann die Show auch nicht retten. „‚That’s Life‘ dümpelt leider drei Stunden vor sich hin, ohne wirkliche Highlights“, hören wir von Magdalena Bienert im Inforadio. Bald wird aus dem Theater wieder ein riesiges Kino. Dann ist Berlinale und wir schauen uns freiwillig Filme an, die wir sonst nicht beachten würden. Zum guten Schluss noch ein Glückwunsch zum 40. Geburtstag der Grünen. Servus!

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