Hurra wir leben noch

 

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Vom Feuerwerk bleibt nur der Müll auf den Straßen Berlins. © Karl Grünkopf

Wieder fand die größte Silvesterparty Deutschlands am Brandenburger Tor statt. Wieder war es der Feinstaub-Tag des Jahres, wieder wurden Rettungskräfte angegriffen. Same procedure as every year. „3065 Notrufe gingen bei der Polizei ein (Vorjahr: 2979)“, bilanziert der Checkpoint des Berliner Tagesspiegels am 02.01.2019, „daraus resultierten 2039 Einsätze (300 mehr als im Vorjahr) – für den Lagedienst ‚der normale Wahnsinn‘. Die Feuerwehr rückte zu 1523 Einsätzen aus, an 617 Orten brannte es. (…) Die ‚gute Nachricht‘ laut Polizei: Trotz vieler Angriffe mit Knallkörpern, Raketen und Schreckschusspistolen gab es ‚keine schwerverletzten Polizisten oder Feuerwehrleute‘.“ Diesen Wahnsinn will scheinbar niemand stoppen, keine Partei oder Initiative möchte als Spaßverderber dastehen; selbst die Deutsche Umwelthilfe mochte nicht gegen einzelne Städte klagen.

Mit 2.000 zusätzlichen Einsatzkräften schaffte es die Berliner Polizei einige sog. Böllerverbotszonen zu behaupten. Lohnt dieser Aufwand, einmal ganz abgesehen von 400 Kubikmetern Silvestermüll auf den Straßen? Angeblich lehnt die Hälfte der deutschen Bevölkerung inzwischen die Böllerei zum Jahreswechsel ab. Warum also nicht beim Verkauf von Feuerwerk jedweder Art die externen Kosten einpreisen? Warum zahlen – wie beim Fußball übrigens auch – alle mit, wenn einige es unbedingt krachen lassen müssen. Wenn schon ein Verbot vorgeblich nicht möglich ist, dann muss eben eine marktwirtschaftliche Lösung her: Feuerwerk muss richtig teuer werden.

Das Empörungsgebell in der „Bild Zeitung“ ist dann jedenfalls garantiert! „Und sobald ein klimaschädliches Produkt oder Verhalten bepreist werden soll“, schrieb mir der gute Pong zu Weihnachten, „hallt ein – geheuchelter – Aufschrei durch die Medienlandschaft, sich mit dem ‚kleinen Mann‘ solidarisierend, dessen Anrecht auf Mallorca-Flüge, eine Kreuzfahrt oder einen Diesel-SUV verteidigend. Dass wir es hier jedoch mit einer Heuchelei zugunsten kapitalistischer Interessen zu tun haben, zeigt sich immer dann, wenn es um die Wahrung echter Interessen des sogenannten kleinen Mannes geht, die Erhöhung des Mindestlohns, die Einführung eines gerechten Renten- und Steuersystems – alles Maßnahmen, die hierzulande seit Jahrzehnten im Interesse des Kapitalismus torpediert werden.“ Eine Empörung über die Silvesterfeiern in Sydney steht uns jedenfalls nicht an. Gutes Neues!

Ein Kommentar zu „Hurra wir leben noch

  1. Ich bin ganz deiner Meinung… was es angeht mit Böllern Poliszisten und Bürger anzugreifen und Helfer bei Notrufen zu attakieren ist mir ein völliges Rätsel (Männliche Lust an der Provokation als Erklärung reicht mir nicht aus, es ist das Wilde in uns das Barbarische, der ewige Krieger in uns, ist nicht totzukriegen…).
    Vor allem ein Rentensytem wie in Norwegen wäre hier auch angebracht.

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