
Nichts geht mehr beim Check-In in Frankfurt. Ich komme gerade noch durch die Sicherheitskontrolle, dann werden die Bänder angehalten. Keiner weiß Bescheid, keine Durchsage nirgends. Nach einer guten Stunde laufen die Bänder wieder an. Keine Erklärung, keine Entschuldigung. Das Boarding geht dann reibungslos, wir sind mit unseren Plätzen sehr zufrieden. Der Flug nach Delhi soll acht Stunden dauern, aber die Zeit vergeht im Nu. Ein paar Szenen aus dem Film „The Outfitter“, ein paar Stunden Halbschlaf, am ganz frühen Morgen gibt es ein Frühstück, und auf einmal kann man schon die Mega-City mit über 30 Millionen Einwohnern unter uns sehen.. Bei der Passkontrolle brauchen wir noch eine gute Stunde, schnappen unsere Koffer und treffen in der Vorhalle den Freund, der uns ins Parkhaus lotst. Mitten auf dem Weg dorthin liegen Hunde – niemand stört sich an den Tieren. Sein Driver fährt uns seelenruhig durch den dichten Verkehr ins Diplomatenviertel, wo uns ein Doorman das Tor öffnet und das Gepäck auslädt. Wir sind in einer anderen Welt angekommen – und werden herzlich von unserer Freundin in Empfang genommen.

Europäer im diplomatischen Dienst haben ganz selbstverständlich Driver, Doorman 24h und eine Maid, die sich um alles im Haus kümmert. Reiche Inder haben weit mehr Dienerschaft. Ein Nachbar hat die größte Mercedes-Vertretung in Nordindien; ein eigener Koch ist nur für das Personal zuständig. Schärfer könnte der Kontrast zu Old Delhi nicht sein. Während wir abends nach unserer Ankunft durch die weitläufigen Anlagen ums India Gate streifen, führt uns die Freundin zwei Tage später durch enge, laute Gassen mit tosendem Verkehr und einem andauernden Gehupe – trotzdem regt sich niemand auf. Schilder & Ampeln gibt es kaum, die Rikschas, Motorroller und Fahrräder drängeln sich durch und teilen die schmalen Gassen noch mit Passanten und Händlern. Die hocken in Old Delhi meist in höhlenartigen Verschlägen und bieten ihre Waren an; es scheint fast alles zu geben hier, natürlich auch Obst und Gemüse oder Imbissstände. Der Lärm ist groß, die Feinstaubbelastung extrem – an diesem Morgen warnte die Wetter-App vor einer gefährlichen Luftqualität!

Das Abenteuer geht weiter. Wir fahren im vollbesetzten Zug nach Agra. Am Ende unseres Programms steht das Taj Mahal. Foreigners zahlen weit mehr als Inder und müssen deshalb niemals lange warten. Wir bekommen sogar einen Private Guide, der sich als guter Fotograf und durchtriebener Lockvogel erweist. Unsere kleinen Alter Egos werden mir bei der „Sicherheitskontrolle“ abgenommen; der Guide nimmt sie in Verwahrung. Am Ende der Tour wollen wir unsere Schleich-Figuren zurückhaben und zum Ausgang. Der Guide besteht hartnäckig auf einen Umweg und führt uns zu einem Shop mit Marmor-Artikeln. Wir weigern uns, den Laden zu betreten, und verlangen unser Eigenturm zurück. Endlich rückt ein Verkäufer die Figuren heraus; wir streben zum Ausgang und müssen noch jede Menge Verkaufsattacken abwehren. Bald kommt unser Driver, wir steigen erleichtert ein. Die Menschen, nicht die Affen machten uns bei unserem ersten & letzten Besuch des eindrucksvollen Taj Mahal zu schaffen. Nach dem Dinner im Hotel werden wir von einer Party in den Garten gelockt und sind plötzlich Teil einer fröhlichen Hochzeitsgesellschaft. Incredible India!