Change

Von den Friendship Heights in DC bis zur 89th Street (Upper West) sind es 373 km, und wir landen in einer anderen Welt. Der Fahrer des Gold Bus fährt sehr flott – nach 3.45h erreichen wir Penn Station. Nicht auszudenken, was im 2,5  km langen Lincoln Tunnel passieren könnte, wenn es einmal zu einer Katastrophe käme. Auf allen vier Spuren rollen die Fahrzeuge; es gibt keine Haltebuchten oder einen Standstreifen. Dagegen wirken die dunklen Metro-Stationen in DC plötzlich nachgerade anheimelnd.

Wir nehmen ein richtiges Taxi! Der Fahrer erzählt, dass Uber gleich abdreht, wenn sie Leute wie uns mit viel Gepäck sehen – es könnte ja zum Airport gehen. Eine solche Fahrt dauert in der Rush Hour bald drei Stunden und rechnet sich nicht. Stop and go durch Manhattan: zu viele Autos, zu wenig Straßen. In der 89th Street gibt es tatsächlich noch ein bisschen Grün, an den Rändern staut sich der Müll, viele Verpackungen des Online-Versands. Wir wuchten die Koffer die engen Stiegen in den dritten Stock, drehen die Schlüssel mal nach rechts, dann nach links und betreten unser Apartment. Nicht groß, aber völlig ausreichend für die nächsten sechs Tage hier. Alles da und – ganz wichtig – das Netz funktioniert.

Keine Lust Essen zu gehen, was gleich immer zu Buche schlägt. Also zum Broadway einkaufen. In einem kleinen Supermarkt gibt es alles, was wir brauchen, selbst einzelne Radieschen auf Eis! Hätte die bloß unser Lädchen in Frankfurt! Noch ein Preis zum guten Schluss? Ein Stellplatz im Parkhaus kostet 760 ¢ im Monat, Vans & SUV’s zahlen 200 ¢ mehr, genauso viel wie der Zuschlag für die unteren Etagen. 1.160 ¢ monatlich zum Abstellen eines Autos, das man ohnehin nicht sinnvoll nutzen kann. Madness!!!

 

In the heat of the Sights

Als ich mich gestern Morgen auf die Waage stellte, fand ich mich in einen Elefanten verwandelt – 198. Zum Glück waren es englische Pfunde, es wäre ja auch höchst verwunderlich gewesen, wenn wir in den wenigen Tagen voller Abwechslung auch noch zugelegt hätten.

Subtropische Temperaturen schon als wir das Haus verließen und mit der Metro zur Mall düsen. Die U-Bahn wurde in den 60er Jahren geplant und 1976 eröffnet – „Effizienz und sparsame Betriebsführung“ (Wikipedia) prägen insbesondere die Stationen. Brutalistischer Beton und wenig Licht schaffen eine bedrückende Atmosphäre wie in einem Bunker. Wir sind immer froh, wieder nach oben zu kommen und bewundern das Washington Monument und das sehr gelungene Denkmal an den 2. Weltkrieg. Ein alter Vietnam-Veteran in schmucker Uniform lässt sich bestaunen. Ich staune nur über seine Contenance in der drückenden Hitze und schüttele ihm die Hand: „Have a nice weekend.“ Lost in time & language.

Immer drückender die Schwüle. Wir retten uns in den „fridge“ des 2016 eröffneten African American Museum of History & Culture – sind erschüttert über die Versklavung von Millionen Afrikanern und deren Kampf für gleiche Rechte in den 50er und 60er Jahren. Noch Stunden hätten wir dort verbringen können, sind aber eingeladen – zum Diner in den Cosmos Club, einem exklusiven, ganz anderen Amerika. In der Heat of the sights ist irgendwie beim häufigen An- und Ausziehen der Daunenjacke meine geliebte Kappe verschwunden. Leben heißt auch verlieren.

Labor Day

Gestern gingen die endlos langen Schulferien in Amerika zu Ende, und ein bisschen geht am Labor Day, dem ersten Montag im September, auch der Sommer zu Ende. Wir checken im „fridge“ des Hamilton aus und schwingen durch die Drehtür direkt in die Sauna. Schwül-heiß ist es wieder in DC, der Onkel wartet schon im Benz, wir wechseln für die letzten beiden Tage vor der Abreise nach NYC das Quartier und sind zu Gast in der weitläufigen Doppelwohnung der Verwandten, die vor über fünfzig Jahren in Amerika ankamen – und hier ihr Glück machten.

Wir finden unser Glück einstweilen im Mittagsschlaf und gehen danach mit der Tante zum Schwimmen in den Privatpool zwischen den Luxus-Hochhäusern. Leider besteht dieser Service mit eigenem Bademeister nur bis zum Labor Day, und ab heute ist Schluss mit Baden. Entspannt & müde klingt der Tag aus.

Da ich diese Zeilen schreibe, wird mir noch einmal bewusst, dass wir erst seit drei Tagen unterwegs sind, schon haben sich neue Routinen gebildet, nach dem Aufwachen gegen 7h die Mails bearbeiten und den Blog schreiben. Morgen verlagert sich das mobile Büro nach NYC. Wir werden auf Empfehlung nicht mit dem Zug fahren sondern nehmen den Golden Bus – schneller und deutlich günstiger.

The Day After

Bäh. Vor hundert Jahren habe ich das letzte Mal Porridge gegessen und natürlich vollkommen vergessen, wie eklig Haferschleim schmeckt. Zwei Croissants, 4 Eier, Saft und Tee – 48 Dollar weg oh weh. „Aber Porridge ist so gesund“, ermutigt mich Susanne.

Was wir vergessen haben? Einen Power-Adapter. Zum Glück haben sie im Hamilton einen einfachen, der es tut, aber wir möchten uns doch zur Sicherheit einen kaufen. In den Geschäften stoßen wir allenthalben auf Freundlichkeit & Unverständnis. Anyway wir geben nicht auf und fahren zum Observation Tower nach Virginia, wo man einen phantastischen Blick über die Stadt hat. Vorher im Nirgendwo im Irgendwo noch einen Burger & dazu Chlorwasser. Mahlzeit!

Oben auf der Aussichtsplattform sind wir fast allein – es gibt doppelt so viel Personal wie Besucher. Kein „Overtourism“ wie in Venedig, wo 54.00 Bewohner von über 30 Millionen Touristen heimgesucht werden. Zurück im Hamilton, inzwischen kommen wir mit dem komplizierten Fahrkartenautomat besser zu recht. Es ist überall das gleiche Problem weltweit; in DC gibt es zumindest ab und an freundliche Automatenhelfer.

Nach dem lebensnotwendigen Mittagsschlaf mit dem Taxi zu einem libanesischen Restaurant, wo die Reunion mit arabischen Grooves zu Ende geht. Oh, what a Day!

Arrival

Fliegen ist wie Viehtransport. Eine endlose Reihe von Lämmern wartet in Tegel auf das Einchecken, weil die Staralliance Lufthansa dilettantisch geplant hat. Ohne Susannes Energie hätten wir womöglich nicht den Anschluss nach DC in Frankfurt geschafft! Was anders ist als bei der letzten Reise in die USA 2007? Wir fliegen mit Stützstrümpfen Economy Premium, es gibt mehr Unterhaltungsangebote an Bord – ich entschied mich für den Film „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ (gute Wahl!) – und es gibt Smart Phones, d.h. eine ganz andere Vernetzung & Kommunikation.

Anders als bei der Ankunft in NYC vor elf Jahren, die an die Einreise in die DDR erinnerte, werden wir in DC freundlich empfangen. Sie brauchen wieder meine Fingerabdrücke, und ich muss die Brille absetzen. Beim nächsten Mal scannen sie das Gesicht, und beim übernächsten Mal wird es keine Beamten mehr geben. Schöne, neue Welt.

Per Bus & U-Bahn ins Hamilton Hotel, wo The Germans in eine Family Reunion unserer Tante purzeln – achtzig Menschen feiern & lernen sich kennen; sie ging 1960 aus Palästina nach Amerika. Licht aus nach deutscher Zeit um 4.00h nachts. Wir sind angekommen.