
Ist das erst so kurz her? Vor einer Woche waren wir noch bei einer Premiere im Berliner „Chamäleon“ und vor 14 Tagen bei einer Geburtstagsfeier. Da hatten bereits einige abgesagt, weil auch Gäste aus Nordrhein-Westfalen kamen. Mit meiner Namaste-Begrüßung wirkte ich auf dem Fest noch wie ein komischer Heiliger. Jetzt umarmt (sich) fast niemand mehr, und ich habe mir vorgenommen, beim Namaste zu bleiben. Ansonsten arbeitet das Gros der Republik zu Hause, solange das Internet hierzulande hält, dessen Ausbau wie so vieles in Deutschland weit hinterher hängt. Gestern mussten in Berlin die ersten Geschäfte schließen. Werden sie alle durchkommen und nach der C-Krise wieder öffnen? Bange Fragen zum Frühlingsbeginn.
Das gilt natürlich auch für meinen Verlag. Es hätte das dickste April-Heft aller Zeiten werden können, nun arbeiten wir an einer „kleinen“ Ausgabe und neuen Konzepten für die Verteilung. Die C-Krise wird nichts & niemanden verschonen, und die Held*innen arbeiten nicht im Home-Office, sondern halten systemrelevant die Gesellschaft zusammen. Im türkischen Supermarkt drängen sich die Kunden vor einer Kasse und pöbeln rum, wenn nicht schnell genug eine zweite geöffnet wird. In ihrer beeindruckenden Rede dankte Kanzlerin Angela Merkel ausdrücklich den Mitarbeiter*innen im Handel: „Wer in diesen Tagen an einer Supermarktkasse sitzt oder Regale befüllt, der macht einen der schwersten Jobs, die es zurzeit gibt.“
Plötzlich ist alles anders. Wir bleiben (fast) alle zu Hause und gehen nur noch zum Einkaufen raus. Einer, so wurde auf der Geburtstagsfeier erzählt, wollte 70 (!) Dosen Ravioli kaufen und ließ sich von anderen Kunden nicht irritieren. An der Kasse ließ man dem Ravioli-Egoisten nur 5 durchgehen – Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen! Am letzten Sonnabend gab es abends in drei Märkten nicht mehr eine Kartoffel, und im Moment warten die Läden in unserem Kiez auf Weizenmehl. Derweil das Thema Corona die Medien beherrscht und wir regelmäßig die Podcasts mit dem Virologen Christian Drosten hören und eigentlich jede*r Bescheid weiß, machen junge Menschen immer noch Corona-Partys. Dolce vita ist vorbei! Welcome to Reality!