
Wir landen fast pünktlich in Berlin und werden vom Kleinflughafen Tegel wieder enttäuscht. Bald eine Stunde warten wir auf das Gepäck und starren mit leeren Blicken auf das Band. Informationen, eine Entschuldigung gar – Fehlanzeige. Das macht ja die Deutsche Bahn besser! Irgendwann kommen die Koffer, wir nehmen ein Taxi und ohne Stau geht’s nach Hause. Im Vergleich zu LA wirkt Berlin plötzlich gemütlich. klein & überschaubar; das gefällt uns sehr. Wir sehen keine Obdachlosen an den Straßen und auf den Wegen, wir können uns wieder in der Stadt orientieren, wir fühlen uns geborgen in unserem Kiez, als habe Berlin plötzlich menschliche Maße angenommen. Genug mit solch sentimentaler Heimkehr, die Berlin wie LA verklärt. Idylle ist nirgends.
Gab es denn nichts zu lesen auf dem langen Flug? Natürlich haben wir uns sofort mit dem „Spiegel“ auf den Dirigenten Teodor Currentzis gestürzt, der sich glänzend als Exzentriker zu inszenieren weiß. Da bellt das Feuilleton vor Freude, zumal der Grieche kürzlich das SWR Symphonieorchester übernommen hat. Ein dreiviertel Jahr habe man um einen Termin buhlen müssen, da dürfen es auch schon mal zwei Doppelseiten im Blatt sein. „Die Musik wählt mich, nicht umgekehrt“, lesen wir tief verstört und staunen übers Raunen: „Mein Traum ist es, ein besserer Mensch zu werden. Das Licht der Inspiration zu finden, das göttliche Licht der Inspiration in meinem Leben, und es mit jemandem zu teilen. Mein Himmel ist es, meinen Himmel mit dir zu teilen.“
Blitzartig wird klar, was wir in Amerika missen mussten, ohne es zu vermissen: das deutsche Feuilleton. Erleuchtet fahren wir im Nieselregen zu einer Geburtstagsfete und glauben, so dem Jetlag ein Schnippchen zu schlagen. Viele haben mich gewarnt, alle haben sie recht. Der Zeit- und Klimaumstellung, der Natur entkommt keiner. Ein bisschen Demut hat noch nie geschadet.