Die Causa Merz

Bei allem Medien-Hype um Merz: ich kann mir nicht vorstellen, dass die CDU dieses Wagnis eingehen wird. Black Rock, das klingt ja schön, schwarzer Fels (in der Brandung), dahinter aber verbergen sich unzählige moralisch anfechtbare Finanzgeschäfte, die einen Parteivorsitzenden Merz schwer in die Bredouille bringen können. Da sind zum Beispiel die betrügerischen CUM EX Geschäfte in Milliardenhöhe zu Lasten der deutschen Steuerzahler. Es wäre doch eine hübsche Pointe, wenn der CDU Parteivorsitzende daran mitgewirkt oder auch nur davon gewusst hätte. Wetten, dass ein journalistisches Recherchenetzwerk bereits an der Arbeit ist? Wetten auch, dass dieses dann eventuell belastendes Material so lange geheim hielte bis dessen Veröffentlichung ein echter Coup wäre? Also bis nach der Wahl des Parteivorsitzenden? Ein Cheflobbyist der Finanzindustrie, der übrigens gegen die Veröffentlichungspflicht von Nebeneinkünften der Abgeordneten beim Verfassungsgericht geklagt hatte, als künftiger Kanzlerkandidat? Dazu fehlt mit jetzt doch die Phantasie.
Was sagt uns dies aber über die CDU, dass eine solch riskante Personalie überhaupt solche Furore machen kann? Hier kommt – wie derzeit überall auf der Welt – die unselige Sehnsucht nach dem starken Mann zum Ausdruck (USA, Brasilien usw.) In diesem speziellen CDU-Fall auch die Sehnsucht nach dem Mann – nach den Jahren einer zusehends als schwach und zaudernd wahrgenommenen Frau. Noch dazu ein Mann, der jetzt scheinbar Rache an der Frau nehmen kann, die ihn einst politisch kalt stellte. Ein Mann, der im Gegensatz zur Frau in den letzten 14 Jahren nicht gealtert zu sein scheint, der so wirkt, als könne man eine Reset-Taste drücken und dort weiter machen, wo man einst aufhörte. Also vor dem die Gesellschaft spaltenden Asylproblem und vor der großen Finanzkrise. Zurück in Zeiten als CDU und SPD noch zusammen 70% der Wählerstimmen gewannen, tatsächlich Volksparteien waren.
Diese rückwärts gewandte Sehnsucht nach Reduktion von Komplexität ist so nachvollziehbar wie gefährlich. Da die Vergangenheit nicht wiederherstellbar ist, auch nicht von einem scheinbar verjüngt Wiederauferstandenem, wird das Heil in radikal einfachen Lösungen gesucht, wie Deutschland den Deutschen, America first usw. Dass solche Parolen den realen Problemen nicht im entferntesten gerecht werden, schmälert nicht deren Popularität, setzt aber einen Überbietungswettbewerb in Gang, in dessen Verlauf aus Parolen Taten werden. Nicht nur in den USA kann man aktuell studieren wie so etwas funktioniert, sondern leider auch hierzulande, Stichwort Chemnitz.
Sollte trotz allen Risikos Friedrich Merz dennoch zum CDU Vorsitzenden gewählt werden, dann befürchte ich eine Verschärfung des politischen Klimas gleichsam zwangsläufig aus Enttäuschung über das ausbleibende Heil. Das können wir im Ernst nicht wollen. Ich setze daher auf Kramp-Karrenbauer oder auch auf Armin Laschet, auch wenn beide vergleichsweise langweilig erscheinen, aber Abenteuer und Spannung sind ästhetische Kategorien fürs Kino und nicht für das Wohlergehen unseres Landes.
Martin Bergelt

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