
Nicht Theresa May oder Emmanuel Macron droht (schon) das Ende, sondern der Chefredakteur der Musikzeitung SPEX kündigt im Editorial der aktuellen Ausgabe an, am 27. Dezember werde das letzte Heft erscheinen. Dann gehen bei einer weiteren gedruckten Titel in diesem Segment die Lichter aus; heuer haben sich bekanntlich schon Intro und Groove vom Printmarkt verabschiedet. Es ist viel über diesen Abschied spekuliert worden, dabei sind die Gründe ganz simpel: zu wenig Käufer, zu wenig Leser, zu wenig Anzeigen. Wie viele Abonnenten es noch sind, lässt sich nicht recherchieren; ebensowenig die Auflage und die Anzeigenpreise. Bei der IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.) ist der Titel nicht zu finden, und die Mediadaten stehen nicht auf der Webseite von SPEX; man erhält diese Informationen nur auf Anfrage. So kann man indes keinen Blumentopf mehr gewinnen – es zählen auch bei Print Schnelligkeit & Transparenz.
Dabei wäre das „Magazin für Popkultur“ heute wichtiger denn je, um den Overflow der Informationen zu sichten und einzuordnen. Wer will denn, wie in den Feuilletons insinuiert wurde, sich selbst einen Überblick über die aktuelle Pop-Kultur im Internet verschaffen. Das geht dort doch weniger denn je. Aber das Ende von SPEX verweist auch auf die Krise der Druckindustrie. Die Papierpreise – sie sind noch immer niedriger als in den 90er Jahren – steigen, einige Druckereien haben sich vom Markt zurückgezogen oder mussten Insolvenz anmelden. Verlage, die nicht schlank aufgestellt sind, einen guten Vertrieb haben und zu sehr am Tropf der überregionalen Lifestyle-Kunden hängen, geraten zwangsläufig unter Druck, zumal der Lesermarkt schrumpft. Schrumpfen muss, denn der Tag hat weiterhin nur 24 Stunden. Deshalb wäre schnelle & verlässliche Orientierung nötiger denn je – es kommt nicht auf das Medium an sondern auf den Content. Nirgends kann ich mich schneller & besser informieren als in einem gedruckten Titel, vorzugsweise natürlich in einem Stadtmagazin.
Aber auch den Illustrierten des neuen Biedermeier scheint es noch immer blendend zu gehen: die Auswahl an Haus- und Gartenheften ist riesig und verrät einiges über die Stimmung im Lande. Alles soll so bleiben wie es ist. „In Hamburg sagt man Tschüss“, trällerte einst Heidi Kabel. Am Wochenende 1.001 Mal zu Angela Merkel.
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trefflich formuliert, und ja, die biedermänner und -frauen sind unter uns
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