
Gegen Mittag steigen wir die 82 Stufen hinab zum Strand. Dann noch ein bisschen aufheizen und rein ins Wasser – die Ostsee ist eisekalt, es tut richtig weh. Raus nach ein paar Schwimmzügen und bis zur Steilküste gejoggt. Die Füße brennen im heißen Sand, also wieder rein, und dann die Stufen so schnell wie möglich hochlaufen. Oben angekommen rast mein Herz, und ich bin glücklich. Die Tage verlaufen gleich und sind doch immer anders. Das Leben auf der Insel hat eine eigene Zeit, es verläuft gemächlicher und tut uns gut. Vor dem Sport essen wir ein Müesli auf der Sturmhöhe, machen Besorgungen und lesen beim ersten Espresso den Tagesspiegel (bis zu 4 € kostet ein doppelter Kick). Gegen drei dann ein Frühstück, vor dem Mittagsschlaf, versteht sich. Herrlich! Zwischendurch bearbeite ich meine Mails und bleibe entspannt auf dem Laufenden.

Vor Jahren trafen wir eine Frau im „Wieseneck“, die nach ein paar Stunden schon ihren Inselkoller beklagte. Wir schüttelten verständnislos den Kopf. Seit zehn Jahren kommen wir auf die Insel und bedauern immer sehr, wenn die Tage hier wieder einmal zu Ende gehen. Einen Spaziergang zum Aussichtsturm auf dem Altbessin sollte man unbedingt einplanen (Bessin). Mit dem Rad durch den winzigen Ort Grieben und dann weiter über die hoppelige Panzerstraße bis zum Abstellplatz für die Fahrräder – im Naturschutzgebiet geht‘s zu Fuß weiter. Die Schafe stören sich nicht an den wenigen Wanderern, der Blick über den Bodden auf die Insel mit dem Leuchtturm ganz oben ist grandios. Entstanden ist die Halbinsel durch den Sand, den das Meer von der Westküste hier anschwemmte. Der Neubessin, etwas weiter östlich gelegen, darf überhaupt nicht betreten werden.

Zum Somma auf Hiddensee gehört natürlich auch das Inselkino, wo der Klassiker „Lütt Matten und die weiße Muschel“ immer läuft; ansonsten bemühen sich die Macher um die Balance zwischen Arthouse und Feel-Good. Erfreut entdecken wir, dass „Gundermann“ von Andreas Dresen auf dem Programm steht. Der Film gewann heuer die „Lola“, die auch der fabelhafte Alexander Scheer für seinen Wiedergänger des Gerhard „Gundi“ Gundermann erhielt. Der Baggerfahrer im Braunkohlebergbau und geniale Liedermacher blieb so faszinierend wie widersprüchlich, eckte immer wieder mit der Partei an und war doch jahrelang als IM tätig. Nicht anders als Heiner Müller übrigens. Wie Gundi war dieser wohl am meisten von sich selbst enttäuscht. Für Häme kein Anlass! Auch nicht über die alte Tante SPD. Die Volkspartei ade steht im aktuellen ARD-DeutschlandTrend nur noch bei 12 Prozent.
Die aus Ueber Uebersee werden ganz neidisch auch wenn sie die Rehe und Boecke hier gratis haben!
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