Zukunft

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„Trans Nature“ von Miguel Chevalier im Museum Sinclair Haus in Bad Homburg. © Karl Grünkopf

Die Zukunft gehört der Bahn, schwadronieren gerne Politiker, die nie mit dem Zug fahren. Die Gegenwart verspielt die DB fast jeden Tag. Mir schwant schon nichts Gutes am letzten Sonntag, und ich steige deshalb im Hauptbahnhof ein. Alle Befürchtungen werden übertroffen: die Wagen 31 – 38 fehlen ganz, die Nummern der Waggons können nicht angezeigt werden, natürlich auch nicht die Reservierungen. Los geht‘s im überfüllten Zug bis Berlin-Südkreuz. Dort dürfen wir aus Sicherheitsgründen nicht weiterfahren: der Zug ist überfüllt, zu viele Fahrgäste stehen in der Mitte. Die DB lockt mit 25-€-Gutscheinen, wenn die Fahrgäste in den Zug wechseln, der via Leipzig nach Frankfurt fährt. Wir kommen auch in Halle und Erfurt nicht gleich weiter: zu viele stehen in den Gängen. Dass wir Frankfurt nur mit einer Verspätung von 38 Minuten erreichen, grenzt an ein Wunder. Dass die Klimaanlage wieder einmal zu stark kühlt und das WLAN nicht funktioniert, passiert eben bei der DB, die angeblich einen Investitionsbedarf von 50 Milliarden € hat. Neulich erzählte mir ein Vielfahrer, dass mit zusätzlichen 5 Millionen Fahrgästen zu rechnen sei, wenn die Mehrwertsteuer für Bahn-Tickets auf 7% gesenkt wird. Dann ist endgültig Schluss mit lustig beim Zugfahren.

Entspannte Reisen werden wir bald nur noch virtuell erleben, ähnlich wie die Idylle der Natur. Diesem  Thema hat sich das Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg in einer spannenden Ausstellung gestellt: „Illusion Natur. Digitale Welten“. Wir sehen die Natur in den Arbeiten der Künstler, wie sie schon (längst) nicht mehr existiert: für sich und ohne menschlichen Zugriff. Besonders beeindruckend ist ein mit schwarzer Folie ausgeschlagener Raum mit einer riesigen Leinwand: hier erleben die Besucher*innen nicht die Illusion einer heilen Natur, der Künstler Miguel Chevalier hat vielmehr eine „Trans-Nature“ geschaffen, in die man vollkommen eintauchen kann; es fehlen nur Liegestühle. Wie immer sind in diesem kleinen, feinen Museum treffende Zitate direkt auf die Wände geschrieben. „Der Mensch lebt von seinen Illusionen“ (Wilhelm Raabe). Diese Ausstellung läuft noch bis zum 02.02.2020. Ich komme wieder.

Von seinen Illusionen lebt auch der Haushaltsausschuss des Bundestags. Es wird sich als Täuschung erweisen, dass die sog. Kunst-Scheune zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie beide Solitäre nicht durch seine schiere Größe und Wucht erschlägt. Oder dass man mit den nun bewilligten 364 Millionen € auskäme. Die Chance, das völlig verhunzte Berliner Kulturforum städtebaulich neu zu gestalten, wurde schändlich vertan, alldieweil andere Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vergammeln und über schmale Ankaufsetats verfügen. Schon lästern Spötter über das Taj Mahal der Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Schlimmer hätte die Zukunft des Kulturforums nicht aussehen können.

 

 

 

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