
Im Wonnemonat Mai gibt es Erdbeeren & Spargel satt, und wir freuen uns auf das Theatertreffen in Berlin: zehn bemerkenswerte Inszenierungen werden von einer fachkundigen Jury eingeladen. „Es wurden“, lesen wir beeindruckt auf der Homepage der Berliner Festspiele, „418 Inszenierungen in 65 deutschsprachigen Städten besucht. 744 Voten gingen bei uns ein und die einzelnen Juror*innen haben jeweils zwischen 94 und 121 Inszenierungen gesehen. Insgesamt wurden 39 Inszenierungen vorgeschlagen und diskutiert.“ Respekt! Trotz munterer Reisetätigkeit brachten die Experten indes kein einziges Theaterstück mit nach Berlin. Oha. Mir schwant erst recht nichts Gutes, als ich Patrick Wildermanns Vorschau im Berliner Tagesspiegel lese: „Ein Besuch in einer Nebelmaschinenfabrik, ein zehnstündiges Antiken-Event mit Verköstigungsangebot, der epileptische Krampf als Spielmethode, eine Gothic-Geisterbahn und ein sexbesessener Schweine-Guru namens ‚Tüffi‘.“ (31.01.2019)
Ehe wir uns dem zotigen & vermeintlich sprachkritischen Aufsagtheater um „Tüffi“ aussetzen, spricht uns ein Besucher aus Luxemburg an. Er beglückwünscht uns zur Flucht aus der Volksbühne am Vorabend – nach 90 Minuten hatten wir genug von „Erniedrigte und Beleidigte“, eine Dostojewski-Vernichtung der Brüller, Hampler und männlichen Nackedeis – Musik, Video & Action-Painting natürlich inklusive. Eine Dame macht sich in der U-Bahn-Station empört Luft; morgen gehe sie in die Schaubühne zu „Richard III“. Gute Entscheidung. Lars Eidinger zieht zwar auch gerne blank, erleben kann man aber ganz großes Theater, das schon dutzende Male gegeben wurde. Wir halten im Haus der Berliner Festspiele nur bis zur Pause durch. „Tartuffe oder das Schwein der Weisen“ heißt die sog. Komplettüberschreibung, und das „spielwütige Ensemble“ (Programm-Flyer) samt Autor PeterLicht müsste sich für diese Untat jeden Tag bei Molière entschuldigen. Wieder Einverehmen an der Garderobe, wieder einvernehmliche Flucht.
Bei Thorsten Lensings Bühnenadaption von David Foster Wallace‘ Roman „Unendlicher Spaß“ flieht niemand aus den Sophiensälen. Wir sind gebannt von einer auf diesen Regisseur eingeschworenen Schauspielerschar, allen voran die grandiose Ursina Lardi und Devid Striesow, ein fabelhafter Wiedergänger von Jack Nicholson. Aus einem eigentlich nicht dramatisierbaren Roman hat Lensing in geduldiger, jahrelanger Arbeit ein Theaterereignis geschaffen, das Ereignis dieses so wenig bemerkenswerten Theatertreffens 2019. Im nächsten Jahr soll es eine Frauenquote geben. Dieser Tribut an den Zeitgeist bürgt indes nicht für mehr Qualität. Wie wär‘s mit einer Götterdämmerung? Eine neue Jury und eine Theaterstück-Quote. Mindestens die Hälfte der Produktionen müssen für die Bühne geschrieben worden sein. Es lebe das Theater!
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